Rapunzel-Glockenblume

Glockenblumen sind generell bei vielen Bienenarten beliebt. Ganz besonders wichtig sind sie aber für Spezialisten, wie z.B. die Glockenblumen-Schmalbiene, die Braune Schuppensandbiene und die Graue Schuppensandbiene. Die glockenförmige Blüte lädt auch viele Bienchen dazu ein, in ihr die Nacht über zu schlafen. Ein sehr schönes Bild, wenn man mal die Gelegenheit dazu hat, sowas zu beobachten. In der Natur wächst Campanula rapunculus auf Halbtrockenrasen und Wiesen, an Weg- und Gebüschrändern. Im Garten erhält sich die Wildstaude durch Selbstaussaat und eignet sich gut als Lückenfüller zwischen höheren Pflanzen und Sträuchern. Glockenblumen haben immer etwas märchenhaftes, feenartiges an sich und sind ein schöner Hingucker im Garten. Dies trifft in besonderer Weise auf die Rapunzel-Glockenblume zu. Sie ist eine alte heimische Kulturpflanze, die im 17. Jahrhundert häufig angebaut wurde. Und so begab es sich, dass eine Frau guter Hoffnung war. Das Paar konnte von einem kleinen Fenster im Hinterhaus, in einen prächtigen Garten sehen, der voll der schönsten Blumen und Kräuter stand; er war aber von einer hohen Mauer umgeben, und niemand wagte hineinzugehen, weil er einer Zauberin gehörte, die große Macht hatte und von aller Welt gefürchtet ward. Eines Tages stand die Frau an diesem Fenster und sah in den Garten hinab, da erblickte sie ein Beet, das mit den schönsten Rapunzeln bepflanzt war; und sie sahen so frisch und grün aus, dass sie lüstern ward und das größte Verlangen empfand, von den Rapunzeln zu essen. Das Verlangen nahm jeden Tag zu, und wer schon die Erfahrung echter Schwangerschaftsgelüste gemacht hat, weiß was dies bedeutet. Der Mann, der sie lieb hatte, dachte: "Eh du deine Frau leiden läßest, holst du ihr von den Rapunzeln, es mag kosten, was es will." In der Abenddämmerung stieg er also über die Mauer in den Garten der Zauberin, stach in aller Eile eine Handvoll Rapunzeln und brachte sie seiner Frau. Sie machte sich sogleich Salat daraus und aß sie in voller Begierde auf. Doch beim nächsten Mal wird er von der Zauberin beim Diebstahl erwischt und verspricht ihr im Gegenzug, dass Kind, welches fortan Rapunzel gerufen wird. So zumindest erzählt man sich den Beginn von Rapunzels Geschichte. Bei diesen im Märchen vorkommenden Rapunzeln handelt es sich nicht um Feldsalat, wie fälschlicherweise oft behautet, sondern tatsächlich um die Rapunzel-Glockenblume. Denn der Feldsalat, obschon ein heimisches Wildkraut, wird erst seit Ende des 19. Jahrhunderts in Europa kultiviert. Im Elsass und in der Schweiz wurde Campanula rapunculus noch zwischen 1906 und 1929 angebaut und die Wurzeln sind in England und Frankreich noch heute eine geschätzte Delikatesse. Von April bis Mai werden die jungen Blätter geerntet (die dann auch brav wieder nachwachsen), am Besten zaubert man aus ihnen einen frischen Salat, auch die hübschen Blüten sind essbar. Und zuletzt können die süßen Wurzeln von September bis in den Winter hinein geerntet werden. Sie haben einen delikaten, sehr süßen Geschmack, der an Walnüsse erinnert.